Die erklärte Lieblingsbeschäftigung des Winters ist für unsere Almlehrer seit Jahrzehnten das Heuziehen. Sie können es gar nicht erwarten, wenn Anfang des Winters der Schnee fällt. Dann werden sie unruhig, richten ihre Ferggln - die hölzernen Untersätze - her und ziehen auf die Bergmähder. Um das duftende Bergheu in's Tal zu 'ziehen'.
Besonders spannend ist das Heuziehen von den Inneren Mähdern, weit oberhalb des Gasthauses Touristenrast. Seit Erich Gatt vor vielen Jahren begonnen hat, mit Freiwilligen das Gras in diesem für Maschinen unzugäng-lichen Gebiet zu mähen, muss das Bergheu im Winter zu Tal gebracht werden. Auch im vergangenen Jahr wurden einige Mähder auf rund 2.000 m Seehöhe gemäht und das Heu entweder zu Schobern aufgeschlichtet oder in der Heuhütte gelagert. Und von dieser Heuhütte wurde am 13. Jänner die letzte ‚Fuhre‘ Bergheu zu Tal gebracht.
Der Aufstieg hat’s schon in sich. Man muss wissen, dass heuer rund 1 m Schnee in Innervals liegt. Das heißt, der erste Aufstieg auf die Mähder ist schon mit vielen Schwierigkeiten und Anstren-gungen verbunden. Denn es muss gespurt werden. Nachdem die ersten Ferggl zu Tal gezogen wurden wird der Weg dann hart und eisig. Wiederum nicht wirklich erbaulich für jene, die wieder auf die Mähder aufsteigen.
Meistens starten die Heuzieher schon sehr früh am Morgen. Um 7:30 verlassen sie gewöhnlich den Parkplatz bei der Touristenrast um noch vor Sonnenaufgang auf den Mähdern zu sein. Dann wird zuerst einmal ein Schnaps getrunken - das ist Gesundheitsvorsorge und wirkt natürlich nur gegen eine Verkühlung. Dann wird das Heu auf die Ferggl ‚aufgelegt‘ und nocheinmal, ein Schnaps getrunken, damit auf der Abfahrt auch wirklich nichts passiert.
Die Szenerie und das Bergpanorama auf dieser Höhe ist absolut einmalig. Man versteht, weshalb sich die Heuzieher in Wahrheit auf jeden Winter freuen. Olperer, Fussstein, Kirchenspitze und Sagwand ragen bizrarr in die Höhe, der Kraxentrager im Süden ist um 10 Uhr schon von der Sonne beschienen. Besonders heuer bei dieser Schneelage ist’s auf den Inneren Mähdern traumhaft schön.
Die Abfahrt geht dann relativ ratz-fatz vonstatten. Die Heuzieher halten sich an ‚Wisbam‘ und Staggl fest, um das Ferggl zu steuern. Mit dem Wisbam wird das Heu von oben zusammengehalten, das Staggl ist quasi Steuerung und Bremse zugleich. Nach etwa einer halben Stunde ist das Tal oberhalb der Fittner-Alm erreicht, die Ferggl werden auf Schlitten umgeladen und bis zum Parkplatz der Touristenrast gezogen. Und dort geht’s auf einen Anhänger und per Auto zum Zielort.
Am 13. Jänner kam der Jörglerhof von Heidi und Rudolf Gatt in den Genuss des Bergheus. Es ist jener Hof, vor dem der dramatische Felssturz halt gemacht hat. Die Familie kann das Heu brauchen, ist doch die beste Bergwiese des Hofes, konkret mehr als 2 Hektar, jetzt bis zu 30 m hoch von Steinen bedeckt. Ein enormer Schaden und eine Tatsache, die den Bauern zwingt, den Viehbestand zu reduzieren und längerfristig den Hof aufzulassen. Auch die Vermietung der Zimmer im Rahmen des ‚Urlaubs am Bauernhof‘ hat gelitten.
Mein Appell an alle, die im Sommer im Valsertal Urlaub machen wollen oder sich gar als Freiwillige der Schule der Alm betätigen wollen: Buchen Sie ihr Zimmer bei Heidi und Rudolf Gatt. Ich habe im letzten Jahr selbst zwei Tage im 'Jörglerhof' verbracht und bin sehr angetan von der Gastfreundschaft der Familie. Hier geht's zur Hofvorstellung.
Ein Lawinenkegel ist nur ein kleines Hindernis für die Heuzieher.
Am Zwischenziel: die Heuzieher erreichen die Fittner-Alm in Innervals.
Auf Schlitten werden die Ferggl bis zur 'Touristenrast' gebracht.
Die Ferggl werden auf den Transporter geladen.
Am Ziel angekommen: das Heu wird dem Heustock beigefügt.
Und dann gibt's als Lohn der Mühe echte Bauernkost. Vom Allerfeinsten.
Und dann wird's lustig. Heuzieher lieben es, nach der Arbeit zusammen zu sitzen.